Trotz Pandemie stand Sport im Vordergrund

Mehrere Monate lang sprichwörtlich unter Quarantäne gestellt, übernahm König Fußball Mitte Juli doch noch das Kommando. sportszene.tirol sprach mit TFV-Vizepräsident Arno Bucher über ein turbulentes aber nicht minder ereignisreiches Fußballjahr 2020.

Arno, ein überaus turbulentes Jahr ging vor kurzem zu Ende. Was nimmst du persönlich, abseits des Sports, von 2020 mit?

Dass die Gesundheit an oberster Stelle steht, dass alles was man sich so im Leben erarbeitet oder wünscht nichts wert ist wenn Familie, Freunde oder man selber erkrankt.

Herrschte beim ersten Lockdown noch absolutes Sportverbot, gibt es jetzt Lockerungen. Hat die Politik den Stellenwert des Sports verkannt?

Bucher: Ich denke schon, dass die Politik den Stellenwert des Sports kennt. Immerhin werden Millionen in die Infrastruktur und auch in Förderungen gesteckt. Der Stellenwert des Sports was proaktives Agieren gegen Volkskrankheiten betrifft bzw. zur Gesundheitsförderung und als Prophylaxe, müsste jedoch viel höher sein. Aber die Diskussion um die tägliche Turnstunde gibt es nicht erst seit Corona. Hier müsste wesentlich mehr Geld ausgegeben werden um am Ende noch viel mehr Geld einzusparen. Soweit sind wir aber leider noch nicht überall.

Gerade der Stellenwert des Fußballs hat sich während der Pandemie erhöht.

Bucher: Wie das Training in den örtlichen Vereinen wieder losgegangen ist haben viele Menschen, glaube ich, erst gesehen, welches tolle Angebot vor der Haustüre bereit steht. Vor allem der Fußball kann mit seinen Kernthemen wie Teamgeist, Integration, Inklusion und Solidarität punkten. Hier gilt es, wenn alles wieder normal läuft, anzusetzen: nach Distance Learning, geschlossenen Geschäften usw. muss es für uns alle, Vereine wie Verbände, die Hauptaufgabe sein die Menschen auf den Sportplatz zu bringen. Ob als Spieler, Funktionär oder Zuschauer, ist egal.

Hättest du Ende März daran geglaubt, dass die Kugel 2020 überhaupt noch einmal rollt?

Bucher: Es hat anfangs sehr schlecht ausgeschaut. Man hat ja nur darauf gewartet, dass wir Zustände wie in Bergamo haben. Dann ist es auf einmal schnell gegangen und unter Voraussetzungen die nicht so schlecht waren.

Letztendlich wurde eine nahezu komplette Hinrunde gespielt. Die Befürworter sagen durchgeführt, die Kritiker durchgepeitscht. Wie ist deine Meinung?

Bucher: Von durchgepeitscht kann keine Rede sein. Es wurde immer auf die Vereine und die jeweilige Gesundheitssituation Rücksicht genommen, das hatte oberste Priorität. Die Solidarität unter den Vereinen war sehr groß, und es wurde in fast jedem Fall eine Einigung unter Kollegen getroffen.

Die Vereine leisteten in Sachen Hygienekonzepte tolle Arbeit. Dennoch gewann man oftmals den Eindruck, dass sich ob der Unzahl an Verordnungen niemand mehr so richtig auskannte. Wäre hier eine vom Verband vorgegebene einheitliche Vorgangsweise nicht hilfreicher gewesen?

Bucher: Der Verband kann nur das Konstrukt bereitstellen, das die Abhaltung eines geregelten Spielbetriebes ermöglicht. Behördliche Vorgaben hat es ja immer schon gegeben, was etwa die Zuschaueranzahl oder auch die Sperrstunde in der Kantine betrifft. Dass jetzt weitere Vorgaben, die hygienische Aspekte regeln, dazugekommen sind und diese in jedem Bundesland und teilweise in den Bezirken anders umgesetzt werden mussten bzw. sanktioniert wurden, war sicher nicht förderlich. Allerdings passen halt prinzipiell mehr Menschen auf den Sportplatz in Kematen als auf jenen in Sellrain. Also könnten auch die behördlichen Auflagen anders ausgelegt werden. Als Verband ist man hier leider nur Passagier. Wir konnten vom TFV aus nur Hilfestellung leisten und beraten, wie man es machen könnte.

Welche Lehren kann man aus dem Herbst mitnehmen? Gerade was diverse, sagen wir, nicht ganz nachvollziehbare Spielabsagen betrifft?

Bucher: Ich denke dass wir es gut geregelt haben. Wir sind natürlich auch immer auf die Ehrlichkeit der Vereine angewiesen. Im Sport sehe ich das allerdings als Grundvoraussetzung und will natürlich auch persönlich daran glauben. Möglicherweise gibt es auch bei uns schwarze Schafe. Im Großen und Ganzen wurde die Situation aber sehr gut gemeistert.

Wie groß siehst du die Chancen, dass im Frühjahr regulär gespielt werden kann?

Bucher: Ich hoffe, dass alle getroffenen Maßnahmen der Regierung greifen und wir möglichst schnell wieder starten können. Zuerst mit Training, dann mit den Spielen. Zur Not hätten wir in den Sommer hinein noch ein paar Wochen Reserve. Aber ich glaube, wir können wieder starten, da will ich einfach positiv sein.

Falls dem nicht so ist, wie schaut es dann mit der Wertung aus? Es wurde ja nicht in allen Ligen die komplette Hinrunde gespielt.

Bucher: Wir haben jetzt einmal den Spielplan insofern ein wenig angepasst, dass mit den Nachtragsspielen aus dem Herbst gestartet wird und erst dann die Rückrunde beginnt. Somit hätten wir nach gespielter Hinrunde zumindest eine Wertung, so wie es vor der Saison kommuniziert wurde. Ansonsten wird es eine Frage für das Präsidium wie gewertet werden kann. Ich persönlich hoffe, dass alles sportlich geregelt werden kann.

Ein großes Fragezeichen steht auch hinter der Regionalliga Tirol. Wie schauen hier die Planungen aus?

Bucher: Die Planungen schauen gut aus. Leider sind wir halt auch hier von der Entwicklung der Pandemie abhängig. Auch hier wollen wir natürlich eine sportliche Lösung haben. Wie gewertet wird wurde vor der Saison kommuniziert. Sollte dies nicht möglich sein wird auch wieder das TFV-Präsidium bestimmen müssen.

Lassen wir den Herbst 2020 Revue passieren. Was waren für dich als TFV-Vizepräsident die Überraschungen? Sowohl in negativer als auch positiver Hinsicht.

Bucher: Positiv war ganz sicher wie professionell die Vereine sich auf die Situation eingestellt haben, und auch die Tatsache, dass dann so viele Spiele abgehalten werden konnten. Negativ ist vielleicht der falsche Ausdruck, aber sehr schade finde ich, dass so manche Spielbesuche nicht (mehr) möglich waren. Etwa Österreich gegen England in Wien oder die Spiele bei der EM.

Und wie fällt dein Resümee als Obmann von Tirol-Ligist Kematen aus?

Bucher: Alles in allem positiv. Wir hatten einen Umbruch im Kader, aber auch auf der Kommandobrücke. Das hat gut funktioniert. Die Niederlage in Reutte war mit Sicherheit ein Tiefpunkt, umso schöner, dass sich die Jungs da selber herausgezogen haben. Und besonders stolz macht mich unser Nachwuchs. Die Zusammenarbeit mit Oberperfuss und Sellrain funktioniert hervorragend. Wir sind so durchgehend vertreten. Von der U7 bis zur U18. Alle unsere Großfeldmannschaften haben sich für das Meister Play-Off im Frühjahr qualifiziert.

Stichwort Nachwuchs! Wie groß sind die Chancen, dass der Nachwuchs-Hallencup wie geplant durchgeführt werden kann?

Bucher: Der Lockdown geht jetzt bis zum ersten Wochenende an dem wir gestartet wären. Zudem sind ja die Sporthallen noch gesperrt. Es wird von Tag zu Tag schwieriger die Hallenmeisterschaft, auch terminlich, durchzuführen. Absagen werden wir aber erst wenn wir wirklich keine Chance mehr sehen.

Zum Schluss stellen wir noch dein Fußball-Fachwissen auf die Probe: Wer wird 2021 Europameister, Champions-League-Sieger sowie deutscher, englischer, italienischer, spanischer und österreichischer Meister?

Bucher: Österreich, Manchester City, Bayern München, Liverpool, Inter Mailand, Atletico Madrid und Salzburg.

Vielen Dank für das Gespräch

Lebt für den Fußball: TFV-Vizepräsident und Kematen-Obmann Arno Bucher. Foto: Bucher

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