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Der Drang nach Perfektion

Die vorolympische Saison der Rennrodler endet am kommenden Wochenende mit dem Weltcupfinale in St. Moritz. Ursprünglich auf der Olympiabahn in Peking geplant, sprang der Schweizer Nobel-Wintersportort nach der Corona bedingten Absage Chinas als Veranstalter ein. Österreichs Asse wollen ihre herausragende Saison mit weiteren Kristallkugeln krönen.

Auf der 1722 Meter lange Natureisbahn im Engadin, 1928 und 1948 Schauplatz von Olympischen Spielen, wurden in der vergangenen Saison die Rodel-Bewerbe im Rahmen der Youth Olympic Games entschieden. Um Weltcuppunkte wurde in St. Moritz das letzte Mal vor neun Jahren gerodelt. Die einzigen ÖRV-Asse aus dem aktuellen Kader, die im Jänner 2012 am Start waren, sind die Einsitzer Wolfgang Kindl und Reinhard Egger. Selina Egle verfügt ebenfalls über ein wenig Bahnerfahrung, hat aber an den Olympia Bob Run St. Moritz – Celerina auch schmerzhafte Erinnerungen. Die 18-jährige Tirolerin hatte sich im vergangenen Jänner in der Vorbereitung auf die YOG bei einem Trainingssturz den Mittelfußknochen gebrochen.  

Thomas Steu und Lorenz Koller können ihre sensationelle Comeback-Saison mit einer weiteren kleinen Kristallkugel perfekt machen. Nach dem vorzeitigen Triumph im Gesamtweltcup und dem Sieg im Sprint-Weltcup, greift das Duo auch in der klassischen Disziplin nach der kleinen Kristallkugel. Vor dem letzten Rennen haben die 26-jährigen HLSZ-Sportler 52 Punkte Vorsprung auf die Thüringer Toni Eggert und Sascha Benecken. Die Rekord-Weltmeister landeten beim letzten Weltcup in St. Moritz hinter Andreas und Wolfgang Linger auf Rang zwei. Auch die vor neun Jahren drittplatzierten Tobias Wendl und Tobias Arlt (GER) haben noch Chancen auf den Sieg in der Disziplinenwertung. Den Sprint-Weltmeistern von Königssee fehlen auf die Österreicher, die 2014/15 ihre erste komplette Saison im Weltcup bestritten haben, 79 Zähler. Mit Yannick Müller und Armin Frauscher drängt ein zweites ÖRV-Duo ins Rampenlicht. Der Vorarlberger und sein Tiroler Untermann können ihre erste zweite Saison im Doppelsitzer mit einem Top-6-Platz im Gesamtweltcup krönen. Während die Arrivierten für die Entscheidung gesetzt sind, müssen sich die ÖRV-Junioren Juri Gatt und Riccardo Schöpf ihr Ticket für das Weltcupfinale erst im Nationencup (5.2) sichern.

Bei den Damen kommt es zum Showdown zwischen Olympiasiegerin Natalie Geisenberger und der Gesamtweltcupsiegerin des Vorjahres, Julia Taubitz. Hinter den beiden Deutschen matcht sich Madeleine Egle mit Dajana Eitberger (GER) um den dritten Platz in der Overall-Wertung. Der 22-jährigen Rinnerin fehlen lediglich zwölf Zähler auf die Olympia-Zweite von 2018. Ein österreichischer Podestplatz im Gesamtweltcup gelang zuletzt Angelika Neuner in der Saison 2000/2001 mit Rang drei. Lisa Schulte, Hannah Prock und Selina Egle vervollständigen das ÖRV-Aufgebot bei den Damen. Das Trio muss am Freitag noch die Qualifikationshürde im Nationencup überspringen. Bei den Herren sind sämtliche Kristallkugel bereits an den Deutschen Felix Loch vergeben. Den Sieg im Sprint-Weltcup 2020/21 teilt sich der Triple-Olympiasieger mit dem Italiener Kevin Fischnaller. Die heimischen Asse, die am vergangenen Wochenende bei der Weltmeisterschaft für Furore sorgten, wollen beim Saisonausklang noch einmal aufzeigen. Sprint-Weltmeister Nico Gleirscher ist ebenso gesetzt wie sein Bruder David, der in Königssee zwei WM-Bronzemedaillen im Einsitzer gewann. Hinzu kommen Wolfgang Kindl, Jonas Müller und Reinhard Egger, der Langkampfner muss als einziger aus dem ÖSV-Quintett in die Qualifikation.

Das Saisonfinale in St. Moritz wird am Samstag von den Doppelsitzern und Herren eröffnet. Am Sonntag folgt die Entscheidung der Damen und eine Team-Staffel. Österreichs Mannschaft, die am Königssee den haushohen Favoriten Deutschland in die Schranken wies und erstmals nach 22 Jahren wieder den WM-Titel im Mannschaftsbewerb gewann, hat im Gesamtweltcup noch alle Chancen auf eine Top-3-Platzierung. Deutschland führt die Zwischenwertung mit 415 Zählern an, Russland folgt mit 375 Punkten, Lettland hat 330 Zähler auf dem Konto. Österreich rangiert mit 325 Punkten auf Zwischenrang vier.

Thomas Steu: „Wir starten etwas weiter unten, für uns sind die Läufe bei weitem nicht so lange wie für die Herren. Die Herausforderungen sind dafür ähnlich. Oben geht es ewig lang flach dahin, unten raus wird’s dann ziemlich schnell. Es gibt verhältnismäßig wenige Lenkpunkte, die muss man dafür umso genauer erwischen. Aufgrund der fehlenden Bahnerfahrung war und ist jeder einzelne Trainingslauf ungemein wichtig, wir haben uns bis jetzt von Tag zu Tag steigern können, werden am Wochenende alles raushauen. Nachdem wir in der Vergangenheit nicht gerechnet haben, fangen wir jetzt auch nicht damit an. Wir schauen nicht auf die anderen, konzentrieren uns auf unsere Leistung.“ 

Madeleine Egle: „Ich fühle mich in technisch anspruchsvollen Eiskanälen definitiv wohler, die Bahn in St. Moritz ist so gesehen schon eine Herausforderung für mich. Oben raus fehlt der Speed, man fährt ohne Druck, dass macht das Ganze sehr speziell. Das Training ist bisher nicht wirklich nach Wunsch verlaufen, ich muss mich in Richtung Rennen definitiv noch steigern. Natürlich wäre ein Podestplatz im Gesamtweltcup eine super Sache, aber daran denke ich nicht wirklich. Ziel ist die Leistung am Sonntag auf den Punkt zu bringen, wenn das gelingt bin ich zufrieden.“

Nico Gleirscher: „Durch den zusätzlichen Startbock ist der Herrenstart nicht ganz so flach wie bei den Damen und Doppelsitzern, unten raus geht´s dafür voll zur Sache, da erreichen wir Geschwindigkeiten bis zu 140km/h. Entscheidend wird sein den Schlitten optimal laufen zu lassen, möglichst rund zu rodeln. Es gibt nur ganz wenige fixe Lenkpunkte, umso mehr ist die optimale Dosis Gefühl gefragt.“

David Gleirscher: „Das Training läuft ganz gut, aber es braucht schon noch ein paar Fahrten, bis die Bahn in Fleisch und Blut übergeht. Wir haben noch drei Trainingsläufe, die gilt es optimal zu nützen, um vor allem den richtigen Rhythmus zu finden. Trotz zusätzlichem Startbock ist es bis hin zur Kurve vier sehr flach, unten raus ist aufgrund der hohen Geschwindigkeit die Aerodynamik ein absolutes Thema.“

Programm/Zeitplan:

Samstag, 6. Februar 2021:

08:40 Uhr            Doppelsitzer/1. Lauf

10:00                    Doppelsitzer/2. Lauf

11:55                    Herren/1. Lauf

13:30                    Herren/2. Lauf

Sonntag, 7. Februar 2021:

10:05 Uhr            Damen/1. Lauf

11:30                    Damen/2. Lauf

13:20                    Team-Staffel

Foto: FIL/Mareks Galinovskis

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