3x Gold, 2x Kristall und ein bisschen Corona

Drei Gold- und je eine Silber- und Bronzemedaille bei den Weltmeisterschaften von Cortina d`Ampezzo. Zudem zwei kleine Kristallkugeln im Slalom und im Super-G. Andreas Puelacher, seines Zeichens sportlicher Leiter der Alpin-Herren, kann mit der abgelaufenen Saison mehr als zufrieden sein. Über diese, und über die Erwartungen für die kommende Olympia-Saison, sprach der 56-jährige Oberhofer mit sportszene.tirol.

Andi, eine Saison wie sie ob der äußeren Umstände wohl nie wieder vorkommen wird, ging vor kurzem zu Ende. Was waren für dich persönlich die prägendsten Momente?

Da gab es natürlich einige prägende Momente. Am beeindruckendsten für mich war, dass die ganze Saison ohne große Covid – Probleme durchgebracht wurde.

Stichwort Covid: Wie sehr hat Corona den Skisport beeinflusst?

Schade war natürlich, dass keine Zuschauer vor Ort waren. Dadurch fehlte die Emotion und Begeisterung am Berg. Trotzdem müssen wir uns glücklich schätzen, dass wir unseren Sport ausüben durften.

Und dies noch dazu richtig gut. Acht Siege, 28 Podestplätze, zwei kleine Kristallkugeln und drei Goldene bei der WM in Cortina d`Ampezzo. Wie fällt ein Resümee aus?

Für das Herren-Team war es eine sehr erfolgreiche Saison. Keiner hat uns solch eine Steigerung in allen Disziplinen zugetraut.

Im Nationen-Cup fehlten auf die Schweiz gerade mal 71 Zähler. Wie sehr schmerzt diese Niederlage gegen die Eidgenossen.

Wir als Team hätten den Nationen-Cup bei den Herren sehr gerne gewonnen. Leider wurden unsere Chancen durch die Absagen beim Weltcupfinale in der Lenzerheide sehr minimiert. Vor allem deshalb, weil wir im Speed-Bereich den Winter über mehr Punkte machten als die Schweiz. Trotzdem muss man den Schweizern gratulieren, sie haben wirklich ein tolles und erfolgreiches Team.

Der Nationen-Cup war stets auch ein großes Anliegen des scheidenden ÖSV-Präsidenten Peter Schröcksnadel. Wie sehr wird sich sein Rücktritt auf den ÖSV auswirken?

Mit dem Abgang von Peter Schröcksnadel verliert der ÖSV einen sehr verdienstvollen und erfolgreichen Präsidenten. Die Zahlen sprechen für sich. Was in seiner Präsidentschaft alles erreicht wurde – einfach großartig.

Blicken wir noch einmal auf die abgelaufene Saison. Was war dein persönlicher „Magic Moment“?

Es gab viele große, eindrucksvolle Momente. Jetzt einen hervorheben will ich nicht. Nur soviel: Jedes Rennen hat seine eigene Geschichte und einen oder mehrere erfolgreiche Athleten.

Gab es auch Momente auf die du gerne verzichtet hättest?

Ja, die Covid -Tests und deren Organisation für das ganze Team. Nicht nur, weil sie unangenehm waren. Es war auch immer mit einem enormen Aufwand verbunden, damit wir alle an die jeweiligen Renn- und Trainingsorte anreisen durften.

Ein Sorgenkind war in den letzten Jahren der Riesentorlauf. Mit Stefan Brennsteiner zeigte zum Saisonende hin ein Athlet besonders auf. Was braucht es noch, um ganz vorne mitmischen zu können?

Wir haben im Riesentorlauf einen großen Schritt nach vorne gemacht. Letztendlich fehlt mir noch die Konstanz und die Dichte, die man braucht um auch in dieser Disziplin um eine Kugel mitfahren zu können.

Apropos Kugel: Weißt du, wie der letzte österreichische Abfahrts-Weltcup-Gesamtsieger heißt?

(lacht). Ja, natürlich. Klaus Kröll holte 2012 die bislang letzte Abfahrts-Kugel.

Wie groß sind die Chancen, dass diese zehnjährige Durststrecke nächstes Jahr zu Ende geht?

Matthias Mayer war neben Beat Feuz heuer einer der konstantesten Athleten im Speedbereich. Leider haben ihm in einigen Momenten die Ruhe und vielleicht auch ein wenig das Glück gefehlt. Aber ich bin mir sicher, dass wir nächste Saison mit unseren beiden Speed-Spezialisten „Mothe“ und „Vince“ (Matthias Mayer und Vincent Kriechmayr, Anmerk.) große Chancen haben, um ganz vorne dabei zu sein.

Der Gesamt-Weltcup war dank Marcel Hirscher von 2011 bis 2019 fest in österreichischer Hand. 2020 freute sich Aleksander Aamodt Kilde über die große Kristallkugel, heuer der Franzose Alexis Pinturault. Marco Schwarz fehlten als Dritter etwas mehr als 400 Punkte. Ist Schwarz jener Österreicher, dem man künftig am ehesten die große Kugel zutrauen kann?

In unserem Team ist er sicher derjenige, dem viel zuzutrauen ist. Für die große Kugel brauchst du den ganzen Winter über konstant gute Leistungen, man muss verletzungsfrei bleiben und sollte drei Disziplinen fahren, in denen man punkten kann.

Schlagen wir den Bogen vom Weltcup hin zu Olympia. Nach Pyeongchang 2018 finden die olympischen Winterspiele 2022 abermals in Asien, genauer gesagt in Peking statt. Nicht zwingend die Heimat des Wintersports. Wie groß ist dennoch die Vorfreude?

Es ist immer etwas Spezielles, wenn man um Medaillen fahren kann. Wir kennen die dortigen Olympiastrecken leider nicht. Ich habe aber gehört, dass sie sehr anspruchsvoll sein sollen. Mein Wunsch ist es, mit einem Team dorthin zu fahren, welches in jeder Disziplin Chancen auf Edelmetall hat.

Wann beginnt die Vorbereitung auf die Olympia-Saison?

Die hat schon begonnen. Wir machen jetzt noch Materialtests, anschließend haben die Athleten ein wenig Urlaub, bevor es Mitte Mai wieder mit dem Konditions-Training losgeht.

Themenwechsel! In der Nationalmannschaft und im A-Kader sind nur fünf Tiroler vertreten, im 21köpfigen B-Kader auch nur vier. Andere Bundesländer, wie etwa Kärnten, haben Tirol, was die Anzahl an Spitzenathleten anlangt, den Rang abgelaufen. Woran liegt das?

Es gibt in jedem Bundesland Jahrgänge, die mal stärker und mal schwächer sind. In Tirol kommen mit Gstrein, Haaser, Borgnaes usw. wieder einige jüngere Athleten in den Weltcup, die schon sehr gute Leistungen gezeigt haben.

Manch Experte ist der Meinung, dass die Landesverbände aufgewertet werden sollten, um für mehr Durchlässigkeit von Talenten zu sorgen. Wie siehst du das?

In Österreich geht wahrscheinlich kein Talent verloren. Die Landesverbände und der ÖSV sind gut und strukturiert aufgestellt. Es liegt immer am Einzelnen sich zu präsentieren und Leistungen zu erbringen. Wer hart arbeitet und das nötige Talent mitbringt, wird seine Ziele auch erreichen.

Worauf freust du dich nach einer langen Saison besonders?

Meine Saison dauert sicher noch bis Anfang Mai, bis alle Trainerbestellungen, die Analysen und Planungen abgeschlossen sind. Anschließend freue ich mich wirklich auf ein wenig Ruhe und Entspannung.

Wie lange läuft eigentlich dein Vertrag als sportlicher Leiter der ÖSV-Herren noch? Würde dich auch mal eine andere Aufgabe, etwa im Ausland, reizen?

Ich schließe immer nur Jahresverträge ab, damit beiden Parteien alle Möglichkeiten offen bleiben. Sind beide Seiten zufrieden, dann kann man wieder für ein weiteres Jahr zusammenarbeiten. Was eine andere Aufgabe anlangt: Wir wissen alle, dass im Trainergeschäft immer alles offen und nichts fix ist.

Letzte Frage: Wie schaut der Sommer im Hause Puelacher aus?

Ein wenig Urlaub machen – die Zeit mit meiner Familie verbringen und meine Hobbies ausleben.

Wir bedanken uns herzlich für das Gespräch!

ÖSV-Herren-Cheftrainer Andreas Puelacher kann auf eine überaus erfolgreiche Saison zurückblicken. Fotos: ÖSV/TIROLFOTO/Erich Spiess

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