Michal Cerveny

„Laura hat viel gelernt”

Die ehemalige Profi-Radfahrerin Andrea Koschier macht sich beim Weltcup-Wochenende der Mountainbikerinnen in Leogang selbst vor Ort ein Bild. Für sportszene.tirol analysiert sie die Rennen von Laura Stigger und Mona Mitterwallner.

Getippt hast du für das Short Track Rennen auf Neff, Lecomte und McConnell. Am Podest waren dann Lecomte, Terpstra und Bohe.

(lacht) Zumindest eine habe ich richtig geraten. Ja, am Freitag konnte man sehen, dass McConnell nicht mehr in der überragenden Form der vergangenen Rennen ist. Lecomte scheint hingegen wieder die Form des Vorjahres zu haben. Neff gab im Interview vor dem Rennen an, noch an ihrer Toppform zu feilen, die habe ich also überschätzt. Überrascht war ich vom guten Resultat der beiden Ghostfahrerinnen Terpstra und der jungen Bohe.

Mona?

Mona gab an, in einen Sturz verwickelt gewesen zu sein. Ein Sturz war jetzt im Fernsehen nicht zu sehen.. Was man sah, war, dass sie bei der Anfahrt zur steilen Brücke den Fuß runternehmen musste, weil es sich vor ihr staute. Solche Brücken sind bekannt neuralgische Stellen. Da ist es sehr wichtig, vorne mit drüber zu fahren, um so etwas zu vermeiden. Mona ist noch 13. geworden, was aus meiner Sicht im Rahmen ihrer Möglichkeiten in Ordnung geht. Sie muss halt immer extrem aufholen und macht auch recht viele Plätze gut.

Sie fährt ja auch deutlich schneller als die anderen.

Das stimmt so nicht ganz. Sie fährt schneller als die, die nach dem Start vor ihr sind. Da fährt sie schneller. Aber sie holte zumindest in Leogang nicht gegenüber den Toppfahrerinnen auf. Die Rundenzeiten von Mona lagen in Leogang zwischen 3:08 und 3:27. Lauras Rundenzeiten lagen beispielsweise zwischen 2:53 und 3:22.

Mona legte sich nach dem Short Track die Latte für das sonntägliche Cross Country Rennen hoch.

Ja, das kennen wir ja von ihr. Ich bezweifle, dass sie sich damit einen Gefallen tut. 

Lauras Short Track Rennen?

Laura startete wie immer souverän und fuhr auch konstant gute Rundenzeiten. Der Short-Track-Kurs in Leogang ist aufgrund der Steigung brutal. Was Laura heuer im Vergleich zum vergangenen Jahr richtig gemacht hat war, nicht zu überziehen. Der Fehler passiert dort vielen. Bei Laura kann man schön sehen, wie sie aus jedem Rennen aus ihren Fehlern lernt. Der 9. Platz ist gut, sie kann es aber besser, und auf ein solches Rennen freue ich mich! 

Kommen wir zum Cross Country am Sonntag. 

Wir waren vor Ort. Sie Stimmung war sehr gut, die Leute freuten sich sehr auf die Rennen und feuerten die Fahrerinnen an. Es war auch sehr gut organisiert.

Wie hast du den Sturz von Mona erlebt?

Wir standen oberhalb der Tec-Zone und konnten es direkt sehen. Mona kam im Eingang der ersten Kurve zu Sturz. Ihr Rad hat sich mit dem von Chiara Teocchi verhängt, sie trat gegen das Rad von Teocchi, um die Räder zu entwirren.

Macht man das?

(lacht) Ja, das macht man so. Man muss halt aufpassen, nicht mehr kaputt zu machen, als eh schon kaputt ist.

Wie ging es dann weiter?

Mona war richtig geschockt, sie blickte hilflos in Richtung Start. Da kann sie aber keine Hilfe bekommen, sie muss immer den Kurs entlang. Die Tec-Zone mit den Mechanikern war gleich oberhalb. Sie schulterte ihr Rad und lief. Das verwunderte viele der Fans. Sie versuchte nicht, den verbogenen Lenker gerade zu biegen oder zu testen, ob das Rad fahrbar ist. Lenker oder auch Sättel werden bei Stürzen sehr oft verbogen. Man fixiert das Vorderrad mit den Beinen und reißt am Lenker, dann ist er meist ausreichend gerade. An Monas Rad schien auch der Bremshebel verschoben oder abgerissen worden zu sein, vielleicht auch, weil sie ihr Rad aus dem von Teocchi heraus manövrierte. Aber auch das hindert nicht an einer Bergauffahrt zu den Mechanikern. Extrem schade für Mona!

Mona hat sicher viel Zeit verloren, die sie dann mühsam wieder aufholen musste.

Jein. Es waren zwei Minuten, die sie insgesamt verlor. Am Ende fehlten auf die Siegerin 5:28 min. Wenn wir ein Rechenspiel machen wollen: Zieht man diese zwei Minuten ab, wäre es Platz 10 geworden. Wie aber schon gesagt, muss man bei solchen Interpretationen aufpassen. Vermutlich war Mona völlig demotiviert. Sie wollte unbedingt den Sieg – und dann diese Enttäuschung mit dem Sturz.

War die von dir schon öfters beschriebene Startschwäche daran Schuld?

Das will ich so nicht sagen. Stürze passieren immer und überall. Aber vorne seltener als hinten. Wer vorne stürzt, hält alle anderen, die hinten sind, auf. Wer hinten stürzt, kann den anderen nur mehr nachwinken. Hinten gibt es auch größere Stürze mit mehr „Stau“, weil viel mehr los ist. 

Kommen wir zu Laura!

Da gibt es nicht viel zu sagen: Es war ein fehlerloses Rennen, das vollkommen zu Recht mit dem 3. Platz belohnt wurde. Von Anfang an fuhr Laura in den Top 5, aber ohne Tempo zu machen und zu überziehen. Sie ließ Lecomte fahren, weil sie vermutlich wusste, dass sie deren Tempo momentan nicht fahren kann. Laura war nie in Problemen. Sie fuhr mit ihrer Teamkollegin Sina Frei unbeirrt das ihr bestmögliche Rennen. Am langen steilen Anstieg unter dem Skilift konnte Laura in der letzten Runde ganz am Ende Sina abhängen. Das war ein fairer Kampf auf Biegen und Brechen.

Laura hätte fast noch die zweitplatzierte Jenny Risveds eingeholt.

Hätte, hätte Fahrradkette. Nicht umsonst heißt der Spruch so. Es stimmt, Laura konnte Zeit gutmachen. Aber Risveds kann rechnen: Reicht der Vorsprung bis zum Ende des Rennens? Nach vorne war für Risveds nichts zu holen, da lag Lecomte uneinholbar in Führung. Also gilt es nur, den Platz nach hinten abzusichern. 

Du hattest ja für Sonntag auf Lecomte, McConnell und Risveds getippt. Laura hattest du nicht auf der Rechnung?

Naja, eine Sache ist, was ich mir wünsche, eine andere Sache ist, was ich für wahrscheinlich erachte und wiederum eine andere Sache ist, was darüber hinaus möglich wäre. Natürlich hoffe ich auf eine Top 3 Platzierung unserer Fahrerinnen, natürlich traue ich es auch beiden zu. Aber ich staple lieber tief und erhöhe nicht noch mehr den eh schon bestehenden Druck. Die Dichte ist hoch, alle wollen gewinnen. Es muss wirklich alles zusammengehen, damit es ein Sieg oder ein Stockerlplatz wird.

Was wird der 3. Platz bei Laura verändern?

Ich denke, es wird viel Selbstvertrauen geben. Die Formkurve zeigt konstant nach oben. Die Lernkurve zeigt seit dem letzten Jahr auch stark nach oben. 

Wie meinst du das?

Naja, sie schafft es, aus Fehlern im Rennen zu lernen. Wenn es so nicht geht, dann macht sie es beim nächsten Mal anders. Sie schafft es auch, sich an veränderte Umstände anzupassen und ihren Fahrstil darauf einzustellen. Ich denke, sie hat jetzt den Übergang in die Elite wirklich vollzogen.

Fotos: Michal Cerveny

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